Offener Brief an die Geschäftsführung

August 25, 2020 in Allgemein

Sehr geehrter Herr Hess-Grunewald, sehr geehrter Herr Baumann, sehr geehrter Herr Filbry,

so ziemlich genau ein Jahr ist mittlerweile vergangen, seitdem die bis dahin am Fanbeirat teilnehmenden Gruppen sich zum Verlassen dieser „Dialog“-Plattform entschieden haben. Die Gründe sowie unsere Bedingungen sind Ihnen bekannt und müssen daher nicht noch einmal wiederholt werden. Unser Hauptkritikpunkt war die öffentliche Präsentation des Fanbeirats als Dialog, während wir darin seit längerer Zeit genau diesen Dialog vermissten und Ihnen dies auch stets offen kommunizierten. Seitdem haben wir das Handeln der SV Werder Bremen GmbH & Co. KG aA immer aufmerksam verfolgt. Doch wie vor kurzem bereits in einem kritischen Saisonrückblick aus der Ostkurve richtigerweise angemerkt wurde, herrscht in puncto Kommunikation weiterhin Stillstand. Zwar gab es Ihrerseits Versuche, die Gespräche mit uns Ultras wieder aufzunehmen, doch wurde stets betont, dass sich an der Struktur und dem Modus des Fanbeirats nichts ändern wird. Der beste Beweis dafür, dass unsere Kritik weiterhin richtig platziert ist, und eine Garantie dafür, dass es auch in absehbarer Zeit zu keiner Wiederaufnahme der Gespräche kommen wird.

Nun folgte allerdings ein neuer Versuch, die Werder-Fanszene an den Tisch zu bekommen, um sich auf diese Weise über die Lage des Profifußballs und entsprechende Reformideen auszutauschen. Interessant, so unmittelbar nachdem der FC St. Pauli mit bestem Beispiel voranging und zusammen mit Ultrà Sankt Pauli und weiteren Fangruppierungen ein Positionspapier veröffentlichte und alle Vereine aufforderte, die DFL mit der strukturellen Umsetzung der enthaltenen Punkte zu beauftragen. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre müssen wir fragen: Wer gibt uns die Sicherheit, dass dies nicht doch nur eine Finte ist, die im Endeffekt nur dazu dient, der Öffentlichkeit kommunizieren zu können, dass man mit den Fans in Klausur gegangen ist, um Ideen zur Zukunft des Profifußballs zu sammeln? Wo ist die Gewissheit, dass fanpolitische Belange und unsere Interessen tatsächlich Gehör finden und nicht bloß im Raum verpuffen, weil Sie sich letzten Endes doch wieder dazu gezwungen sehen, sich den Dynamiken des Kapitalismus stillschweigend zu beugen?

Keine Frage: Dass die Existenz vieler Vereine beziehungsweise ihrer ausgegliederten Unternehmen gefährdet ist, davor lassen sich die Augen nicht verschließen. Und dass unser geliebter SV Werder hart unter den derzeitigen Umständen zu leiden hat, ist uns auch ohne die neusten Zahlen bestens bekannt. Entsprechend sind überlegtes Handeln und Reformen für den Profifußball gefragt und von enormer Bedeutung. Doch ist dies nichts, was wir erst seit heute an Sie heranzutragen versuchen. Unzählige Male hat es Ideen, Anregungen und Lösungsansätze der Fans gegeben, um als SV Werder den eigenen Werten gerecht zu werden, den Fußball umzudenken und wenigstens zu versuchen, alternative Wege zu gehen. Als jüngstes Beispiel ist hier die Finanzierungsidee zum Erhalt des Stadionnamens zu nennen, auf die man sich seitens der Geschäftsführung schlicht und ergreifend nicht einlassen wollte. Stattdessen wählten Sie – getreu den typisch deutschen Devisen „Das haben wir schon immer so gemacht!“ und „Das haben wir noch nie so gemacht!“ – den einfachsten, bequemsten Weg. Es entsteht daher mehr und mehr der Eindruck, als sei der oftmals vermarktete und gerne betonte „Werder-Weg“ nicht unbedingt etwas Besonderes, Individuelles oder gar Innovatives, um sich vom Rest abzuheben, sondern letztendlich nicht viel mehr als der einfachste Weg, der den Fans mehr oder minder als unausweichlich verkauft wird. Zwar ist uns bewusst und unsererseits auch oft genug betont worden, dass es kaum möglich ist, sich von den kapitalistischen Dynamiken loszusagen und gleichzeitig im System „Profifußball“ bestehen oder wettbewerbsfähig bleiben zu wollen. Doch wirkt es auf uns zunehmend unsouverän, wenn sich die Geschäftsführung dabei stets in die Opferrolle zu flüchten versucht, um das eigene Handeln zu rechtfertigen. Beispielsweise hat nicht erst die Covid19-Pandemie den SV Werder in eine missliche Lage gebracht. Vielmehr ist die derzeitige Situation auch auf jahrelang gepflegte verfehlte Vorstellungen, wie wirtschaftliches Handeln in diesem System „Profifußball“ auszusehen hat, und eine lange Zeit ausgebliebene Kritik am unsolidarischen Umgang innerhalb der DFL zurückzuführen.

Statt sich also als Opfer des Systems zu präsentieren und die oftmals lautstark betonte soziale Verantwortung des Vereins zum wiederholten Male über Bord zu werfen, indem man die Werder-Fans auf irrsinnigste Weise um die womöglich lang ersparten Dauerkarten-Gelder anbettelt, wäre es wesentlich angebrachter gewesen, sich der eigenen Verantwortung innerhalb des Profifußballs bewusst zu werden und diese auch klar zu kommunizieren. Nachhaltigkeit, kreative Lösungsansätze, Reformen und Visionen, die nicht nur einem finanziellen Interesse entspringen, sind gefragt, statt uns Fans, die wir uns eh einer immer größer werdenden Entfremdung gegenübersehen, in einer Zeit, in der eine Pandemie Existenzen bedroht, zur Kasse zu bitten, um Ihre Fehler auszubaden. Denn mit der sogenannten „Kurvenheld“-Aktion ist dem Verein nur punktuell beziehungsweise situativ geholfen, während die kommende Saison mit all ihren finanziellen Hürden und Unwägbarkeiten bereits an die Tür klopft. Allein der Stadionbetrieb mit all den zu besetzenden Positionen für eine reibungslose Umsetzung dürfte bei mangelnder Auslastung ein Minus-Geschäft für den SV Werder bedeuten, fehlen doch neben den ausbleibenden Karteneinnahmen auch der Umsatz aus dem Catering.

Das Ergebnis Ihrer gemeinsamen Saisonanalyse, das in der Presselandschaft treffend mit „Es darf kein ‚Weiter so!‘ geben“ zusammengefasst wurde, muss sich daher unserer Meinung nach auch auf die wirtschaftliche Ausrichtung der SV Werder Bremen GmbH & Co. KG aA beziehen. Fortan müssen auch schwierigere Wege gegangen werden, statt den einfachsten Weg zu wählen und ihn als unausweichlich darzustellen. Denn wie im Hamburger Positionspapier richtigerweise betont wird, ist ein anderer Fußball möglich – er braucht eben nur eine Stimme. Wir fordern Sie daher auf, statt nun weitere Forderungen, Positionen und Ideen in die Waagschale zu werfen, dem FC St. Pauli vor den anderen Vereinen der DFL zur Seite zu springen und sich für die strukturellen Reformen, die im Positionspapier der Hamburger vorgestellt werden, in ihrer Gänze einzusetzen, eine entsprechende Umsetzung zu fordern und sich maßgeblich daran zu beteiligen.

Caillera Ultras im August 2020

Mäurer und die Bedrohung aus der Fankurve – Teil 572

April 22, 2020 in Allgemein

Kein Tag vergeht ohne Wasserstandsmeldungen zur anhaltenden Covid19-Pandemie und noch immer wird wild diskutiert, wann das runde Leder wieder rollen darf. Derzeit haben sich die Vereine der DFL darauf geeinigt, den unterbrochenen Spielbetrieb am 9. Mai wieder aufzunehmen und die Saison fortan unter Ausschluss von Zuschauer*innen fortzuführen. Und während daraufhin in den Fanszenen der Republik berechtigte Kritik an dieser Entscheidung laut wird, minimiert Innensenator Ulrich Mäurer die Hoffnung der Werder-Geschäftsführer auf eine baldige Fortsetzung, indem er sich vorbehält, entsprechende Veranstaltungen in Bremen abzusagen beziehungsweise zu verbieten.

Ein gefundenes Fressen für die hiesige Presse, schließlich bietet die Hassliebe zwischen Mäurer, Werder und der DFL seit einigen Jahren genügend Gesprächsstoff für die Daily Soaps von Weser Kurier, Radio Bremen und wie sie alle heißen. Und so schließt die neue Staffel nahtlos da an, wo die letzte endete. Denn nach der Inrechnungstellung der Polizei-Einsätze bei Risikospielen, die nach der Entscheidung der DFL in letzter Instanz den SV Werder treffen würde, bedeutet ein landesweites Verbot erneut einen finanziellen Wettbewerbsnachteil, den der Innensenator zu verschulden hat.
Doch was macht Ulrich Mäurer, wenn er negative Presse bekommt? Er kanalisiert diese ganz einfach auf die Ultras, indem er behauptet, es gäbe den Grund zur Annahme, die organisierte Werder-Fanszene würde den Ablauf der Geisterspiele stören wollen. Damit beweist er jedoch wieder einmal nur seine Stümperhaftigkeit und Unwissenheit, denn bereits das boykottierte Montagsspiel, welches zum Geisterspiel deklariert worden ist, wurde unter dem Vorwand einer Fanszene-Versammlung und trotz einiger Appelle der Szene an die Vernunft der Werder-Fans abgesagt. Von einer inhaltliche Auseinandersetzung mit den veröffentlichten Kommuniqués kann hier kaum die Rede sein. Was hier versucht wird ist die Denunziation jener Gruppen, die seit Jahren gesellschaftliches Engagement leben und in den vergangenen Wochen all diejenigen unterstützt haben, die der soziale Struggle rund um die Covid19-Pandemie gerade hart trifft.

Unabhängig davon halten wir daran fest, dass die Fortführung der Bundesliga ein Fehler ist und damit ein Risiko für alle Beteiligten in Kauf genommen wird, das mit keinem Geld der Welt zu entschädigen ist. Dies zeigen unter anderem auch die jüngst geleakten Überlegungen zu Schutzmaßnahmen während des Spielbetriebs. Vereine und Verbände sollten die Zeit nutzen, um ein Umdenken in Bezug auf den Fußball zu forcieren, statt das bereits wackelnde Kartenhaus vor dem bevorstehenden Einsturz bewahren zu wollen.

Caillera im April 2020

Covid-19 und der Ligabetrieb

März 13, 2020 in Allgemein

Moin Werder-Fans,

noch vor einigen Tagen saßen wir zusammen und planten unseren Protest gegen das kommende Montagsspiel. Wenige Stunden ist es her, dass wir uns mit der Bedeutung von Geisterspielen und dem weiteren Verlauf der laufenden Bundesligasaison auseinandersetzten.

Grund für den Ausschluss der Fans ist die exponentielle Ausbreitung des Virus „Covid-19“. Städte, Gemeinden oder gar ganze Länder befinden sich im Lockdown und weltweit werden Großveranstaltungen abgesagt. Darunter auch Sportveranstaltungen wie zum Beispiel die NBA, die im nächsten Monat in die Playoffs gehen sollte. Ein Szenario, das nun auch der Fußballwelt bevorsteht.

Wer nun denkt, es folgen einige Zeilen, in denen wir dies kritisieren und die Fortführung der Liga unter normalen Bedingungen fordern, damit wir weiterhin in der Kurve alles für die grün-weiße Equipe geben können, liegt falsch. Sich über die derzeitigen Maßnahmen aufzuregen, ist mehr als fahrlässig und egoistisch, denn es geht dieser Tage um mehr als das eigene Wohlbefinden oder Panikmache in Prepper-Manier. Es liegt derzeit an uns allen, die Risikopatient*innen vor schwerwiegenden Krankheitsverläufen zu schützen und die Überbelastung des ohnehin schon ausgelasteten Gesundheitssystems zu verhindern. Es ist also nur logisch und im Sinne der Gesellschaft, entsprechende Veranstaltungen abzusagen und weitere Maßnahmen zu ergreifen – auch wenn es uns als Fußballfans schwer fallen mag, den Ball in den nächsten Wochen nicht mehr rollen zu sehen.

Womit wir auch schon bei unserem Kritikpunkt angelangt sind. Während Schulen schließen, Universitäten ihren geplanten Semesterstart verschieben, uns die Arbeitgeber*innen nach Hause schicken und große Teile der Sportwelt bereits den Betrieb einstellen, lässt man im Fußball mal wieder auf sich warten. Der DFB, die DFL und ihre Schergen, die in der letzten Woche noch „Spielabbruch!“ schrien und mit dem Finger auf die Kurven zeigten, zeigen nun mal wieder ihr wahres Gesicht. Getreu dem Motto: Komme was wolle, Hauptsache der Rubel … äh … der Ball rollt!, läuft das Geschäft wie gehabt weiter, nur eben unter Ausschluss der Fans. Die soziale Komponente des Fußballs, die schon die Südkurve München in ihrem Kommuniqué betonte, wird dabei in den Überlegungen jedoch scheinbar völlig außer Acht gelassen, denn schon immer zog das runde Leder die Massen in seinen Bann beziehungsweise in die Stadien oder Kneipen. Daran wird auch Covid-19 nichts ändern, wie unter anderem die Champions-League-Partien in Valencia und Paris deutlich machten. Wenn fortan also die Kurven leer bleiben, dann bleibt es nicht aus, dass sich Fans in Kneipen versammeln, um die Spiele in bester Gesellschaft zu verfolgen. Wer vermutet, dass hier kein Virus übertragen werden kann, lebt allerdings hinter’m Mond.

So auch übrigens die fleißigen Sportjournalist*innen, die seit Tagen beliebige Szenarien durchspielen, wie und unter welchen Bedingungen die Saison zu Ende gespielt werden kann oder darüber spekulieren, ob und unter welchen Umständen wohl eine Europameisterschaft in diesem Sommer stattfinden wird. Leute, ahnt euch! Wir sind weder Ärzt*innen noch Virolog*innen, doch die derzeitige Situation sieht nicht nach einem schnellen Ende dieser Pandemie aus. Niemand wird doch wohl ernsthaft daran glauben, dass man die Saison unterbrechen und ohne Probleme im Mai, Juni, Juli oder August fortsetzen, geschweige denn eine EM mit Spielorten in 12 Staaten austragen kann. Vor allem nicht, wenn selbst Spieler, Trainer und weitere Verantwortliche mit dem Virus infiziert sind und sich ganze Mannschaften in Quarantäne befinden. Eine Pausierung des Spielbetriebs bis zum 2. April, was lediglich einen einzigen Spieltag betrifft, kann daher unserer Meinung nach nicht als ausreichende Lösung gesehen werden. Die einzig richtige Lösung kann nur der Abbruch der aktuellen Saison sein, denn die Gesundheit aller ist wichtiger als eine bunte, lebhafte Kurve oder die Gelder aus irgendwelchen TV-Verträgen oder Sponsoren-Deals.

Dass das Land Bremen vorangeht und das kommende Spiel gegen die Leverkusener Werkself daher absagt, ist durchaus als vorbildliche Maßnahme zu bewerten. Umso armseliger jedoch die Aussagen des Innensenators, der das Auftreten der Fanszene, sprich „1000 Ultras“, als Grund für die Absage vorschiebt und damit keine Gelegenheit auslässt, um zu polarisieren. Lächerlich, zeigen doch die bis jetzt veröffentlichten Stellungnahmen und nicht zuletzt auch der Boykott der Montagsspiele, dass dies eine haltlose Vermutung ist. (Aufgrund von Falschmeldungen in der Berichterstattung wurde dieser Teil gestrichen.)

Letzten Endes liegt es jedoch an uns allen, uns solidarisch mit unseren Mitmenschen zu zeigen und durch verantwortungsbewusstes Verhalten die schnelle Verbreitung zum Schutz der Risikopatient*innen einzudämmen. Gute Handhygiene und eine richtige Hust-Etikette sind dabei das Mindeste, das wir tun können.

Caillera Ultras, März 2020

Alle zum Abschlusstraining am Samstag! [ABGESAGT!]

Februar 25, 2020 in Allgemein

Da das Spiel am Sonntag abgesagt wurde (Fick dich, DFL!), haben wir in Rücksprache mit Werder entschieden, den Besuch des Abschlusstrainings für morgen abzusagen. Die Trainingseinheit wird nun nicht-öffentlich stattfinden.
Wir werden euch in den kommenden Tagen über weitere Aktionen und einen erneuten Trainingsbesuch informieren.

Wir sehen uns am Mittwoch in Frankfurt.

ALLES GEBEN!