»Erdoğan vom Thron stoßen – Faşizme karşɪ omuz omuza!«

Dezember 12, 2015 in Spruchbänder

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Aus der »les petites pensées #57« vom 12. Dezember 2015

Liebe Werder-Fans,

an dieser Stelle möchten wir einmal etwas ernster werden und unser heutiges Spruchband erklären. Wer unsere Aktionen oder die Spieltagsflyer aufmerksam verfolgt, wird bemerkt haben, dass wir vor gut einem Jahr unsere Solidarität mit den kurdischen Guerilla-Kämpfer*innen und der Bevölkerung in den kurdischen Regionen bekundet haben. Hieran hat sich nichts geändert und noch immer beschäftigen sich einige Mitglieder dieser Gruppe mit den Geschehnissen in Rojava (Westkurdistan/Nordsyrien) oder den kurdischen Regionen in der Türkei.

Wie bereits erwähnt, ist es ein Jahr her, dass wir uns zu dieser Thematik geäußert haben und in diesem einen Jahr ist eine ganze Menge passiert: So konnten die Guerilla-Einheiten in Syrien große Erfolge gegen die Milizen des „Islamischen Staat“ erzielen und Kobanê befreit werden. Auch im Irak konnte der IS aus der jesidischen Stadt Şingal verdrängt werden, während jedoch das Projekt Rojava samt seiner emanzipatorischen und basisdemokratischen Bestrebungen weiterhin an Fahrt aufnimmt, ist der Türkei scheinbar alles daran gelegen, diesen Bestrebungen einen Riegel vorzuschieben.
Als im Juni diesen Jahres die türkischen Parlamentswahlen anstanden, schien es für die AKP-Regierung bereits im Vorfeld schwierig zu werden, die absolute Mehrheit zu beziehen und somit die Verfassung für die Einführung eines Präsidialsystems zu ändern. Grund dafür waren vor allem die Unmutsbekundungen der in der Türkei lebenden Minderheiten und der Linken über den hegemonialen Herrschaftsanspruch der AKP, sowie der Kurs der HDP, einer Partei, die sich für die Minderheitsrechte und vor allem die kurdische Minderheit ausspricht.

Es kam, wie es kam: die HDP überschritt mit 13,8% die in den Achtzigern festgelegte 10%-Hürde und rang der AKP somit einige Sitze und die benötigte absolute Mehrheit ab. Die AKP war – wollte man den Regierungsanspruch nicht verlieren – somit gezwungen, eine Koalition einzugehen, was aufgrund der unterschiedlichen Interessen und Ideologien nicht möglich war und so befand man sich in einem Patt. Für die Minderheiten – seien es die Kurd*innen, die Alevit*innen, Linke, Demokrat*innen oder auch Homosexuelle – allerdings war dieser „kleine Wahlsieg“ bereits von enormer Bedeutung. Was darauf jedoch seitens der AKP-Regierung folgte, war eine Intensivierung aller Militäroperationen, die Gleichsetzung von PKK und Kurd*innen mit dem „Islamischen Staat“ und eine Eskalation auf allen Ebenen.

Es gab zwar bereits im Vorfeld der Wahl Anschläge auf Parteizentralen der HDP und einen Bombenanschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung zwei Tage vor der Wahl, jedoch stieg das Ausmaß nach der Wahl gewaltig: Brandanschläge, Verwüstungen und physische Gewalt gegen Parteimitglieder. Immer auch unter Beteiligung von AKP-Anhänger*innen. Den Höhepunkt stellen allerdings die Bombenanschläge vom 20. Juli in Suruc (33 Tote) und vom 10. Oktober in Ankara (102 Tote) auf Veranstaltungen von oder mit der pro-kurdischen und basisdemokratischen HDP dar. Diese wurden zwar nachweislich von Mitgliedern des IS durchgeführt, jedoch allem Anschein nach auch unter Mitwissen des türkischen Geheimdienstes MIT und so verhärtete sich auch der Verdacht, dass die Regierung davon in Kenntnis gesetzt worden war. Fast gleichzeitig verhärteten sich auch die Verdachte, die Türkei habe den IS mit Medikamenten, Waffen und anderen Dingen versorgt und es sei für die IS-Mitglieder problemlos möglich, die Grenze zu passieren.

Die türkische Regierung sah sich zum Handeln gezwungen, doch statt gegen die Mitglieder des IS vorzugehen, ordnete man unter dem Vorwand, die Pufferzone an der Grenze vor dem IS zu schützen, Bombardements gegen die kurdischen Kämpfer*innen, die bis heute die einzigen wirklichen Erfolge gegen den IS verzeichnen konnten, im Norden Syriens an und führte Razzien im Süd-Osten der Türkei durch, bei denen ganze 1.000 HDP-Sympathisant*innen festgenommen wurden. Man verhängte Ausgangssperren in Städten mit großer kurdischer Basis, so zum Beispiel in Cizre oder anderen Städten in der Region Şɪrnak. In Cizre dauerten diese ganze 8 Tage und 9 Nächte an und forderte 21 Tote, es folgten weltweite Solidaritätsbekundungen, bei denen es wie zum Beispiel in Hannover oder in der Schweiz ebenfalls zu Attacken auf pro-kurdische Aktivist*innen kam. Selbst im Bundestag warnten Personen wie Cem Özdemir vor einem aufkeimenden Bürgerkrieg, denn die PKK erklärte nun die Waffenruhe aufheben und gezielte Angriffe ausüben zu wollen.

Nach dieser immensen Einschüchterungswelle gegenüber der kurdischen Bevölkerung, sowie allen anderen demokratischen und linken Kräfte des Landes, wurden für den 1. November Neuwahlen angeordnet. Die HDP verlor ganze 3% und konnte der AKP die absolute Mehrheit nun nicht mehr strittig machen. Ein herber Rückschlag für die HDP und der erzwungene Erfolg der AKP. Die Schikanen in den kurdischen Regionen nahmen allerdings noch kein Ende und forderten auch in den ersten Tagen nach der Wahl weitere Tote. Am 4. November verkündete der türkische Präsident Erdoğan darüber hinaus, dass „der Kampf gegen die Terrororganisation bis hin zur Vernichtung all ihrer Mitglieder, ihrer Kapitulation und ihrem Rückzug aus den Staatsgrenzen fortgeführt“ werde. Auf diese Aussage folgten weitere Ausgangssperren, aufgrund der manche HDP-Abgeordnete nicht einmal zur Vereidigung nach Ankara reisen konnten, sowie Luftangriffe in den Kandilgebirgen – dem Sitz der PKK-Guerilla – und im Norden Syriens auf die Stellungen der kurdischen Einheiten.

Die türkische Regierung macht damit klar, dass ihr eine gemeinsame Grenze mit dem IS lieber ist, als eine Grenze zu einer autonomen, selbstverwalteten kurdischen Region. Sie stellt die PKK und all ihre Unterorganisationen, die vor allem im Verlauf der letzten beiden Jahre immer mehr gezeigt haben, dass sie an einer Etablierung der Demokratie im Nahen Osten interessiert sind und dabei Autarkie und Staatlichkeit hinter sich lassen, als eine Terrororganisation dar und somit mit der islamfaschistischen Terrororganisation „Islamischer Staat“ auf eine Stufe. Währenddessen zementiert sich Staatspräsident Erdoğan in seinem 490 Millionen € teuren Palast, seit Jahren seine Regierungsposition, indem er Verfassungen nach Belieben ändert oder Oppositionen unterdrückt, sei es durch physische und psychische Gewalt oder die Einschränkung der Pressefreiheit in Form von TV-, Zeitung-, Radio- und Social Media-Zensur. Nach der Abschaffung der Todesstrafe 2004 führte er auch diese 2012 wieder ein, und auch das seit mehr als 30 Jahren geltende Abtreibungsrecht ist er gewollt zu verschärfen, da für ihn eine Abtreibung gleichbedeutend mit Mord wäre und man für Frauen generell die Rolle der Mutter vorgesehen habe.

Einigen von uns ist es wichtig, gegen diese Missstände aufzustehen und zu protestieren, daher haben wir uns dazu entschieden heute mit dem Spruchband „Erdoğan vom Thron stoßen – Faşizme karşɪ omuz omuza!“ (dt.: “Schulter an Schulter gegen den Faschismus“) auf die diktatorischen Bestrebungen Recep Tayyip Erdoğans und seiner AKP und die Unterdrückung der Oppositionen aufmerksam zu machen, den Protest ins Stadion zu tragen und uns weiterhin solidarisch mit den kurdischen Kräften im Kampf gegen den IS und für ein selbstbestimmtes Leben zu zeigen.

PKK-Verbot aufheben! Berxwedan jîyan e – Widerstand heißt Leben!

Clara’s Lie – Sa., 02.01.2016 / Magazinkeller

Dezember 10, 2015 in Veranstaltungen

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Es ist wieder soweit: Clara’s Lie geht in die nächste Runde!

Techno / Tech House / Deep House

Samstag, 02. Januar 2016 / ab 22:30 / Magazinkeller

Abendkasse: 6 EUR < 24:00 Uhr > 8 EUR
Soliparty für Antirepressionsarbeit

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Daniel Nitsch (The Glitz / Voltage Musique / 3000Grad)

Hari&Spielplatz (Plötzlich Musik / BassBotanik)

Raum Acht & Rijö (Soulmates / 19 Down)

Captain Cosmotic (Die Zwei elastischen Drei / WKVHK)

Toast*y (CLRA / Clara’s Lie)

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Wir möchten, dass sich alle Gäste auf unserer Party wohlfühlen können. Für Sexismus, Rassismus, Homophobie und andere Diskriminierungsformen ist hier kein Platz. Sollte es auf der Party zu diskriminierendem und/oder belästigendem Verhalten kommen, werden sich die ganze Party über Ansprechpartner*innen hierfür an der Kasse befinden.

Fussballfans gegen Antisemitismus

November 8, 2015 in Veranstaltungen

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Diesen Mittwoch, 11. November präsentiert Fussballfans gegen Antisemitismus den Vortrag »Die Geschichte des jüdischen Fußball in Deutschland« von Dietrich Schulze-Marmeling. Die Veranstaltung findet um 19:00 Uhr im OstKurvenSaal statt.

[note note_color=“#f0f0f0″ text_color=“#003300″]Jüdische Sportler und Mäzene spielten in den frühen Jahren des Fußballs vor allem in Deutschland, Österreich und Ungarn eine wesentliche Rolle. An den Vereinsgründungen des FC Bayern München oder auch der SG Eintracht Frankfurt waren jüdische Pioniere beteiligt, jüdische Kicker verstärkten die deutsche Nationalmannschaft und jüdische Förderer trugen dazu bei, den Fußball zur Massensportart zu machen.

Viele Vereine haben sich über Jahrzehnte nicht mit ihrer Rolle während des Nationalsozialismus, in der jüdische Spieler und Funktionäre verfolgt und ermordet wurden, auseinandergesetzt. Erst nach der Jahrtausendwende begannen erste Verbände und Vereine damit, ihre ehemaligen jüdischen Mitglieder in Erinnerung zu rufen – auch auf Druck von (Fan-)initiativen, Journalisten und Historikern.

Dietrich Schulze-Marmeling ist Sachbuchautor und leidenschaftlicher Fußballfan. Als bekennender BVB-Anhänger hat er unter anderem das Buch „Der FC Bayern und seine Juden. Aufstieg und Zerschlagung einer liberalen Fußballkultur“ geschrieben, das 2011 von der Deutschen Akademie für Fußballkultur zum „Fußballbuch des Jahres“ gewählt wurde.[/note]

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Joachim Bellgart führt am Montag,  16. November einen Stadtrundgang zum Thema »Jüdisches Leben in Bremen« durch. Treffpunkt ist um 18:00 Uhr die Ecke Obernstraße/Sögestraße. Weitere Informationen zu Joachim Bellgart unter: www.bellgart-stadtführungen.de

Demonstration gegen Nazis und Repression

August 10, 2015 in Allgemein

Samstag, 15. August 2015 / 10 Uhr / Am Brill

Liebe Werderfans,

seit Jahren gibt es in Bremen immer wieder Auseinandersetzungen sowie Angriffe und Einschüchterungen von Nazi-Hooligans auf Werderfans, die sich aktiv gegen Nationalismus und Rassismus positionieren. Bisheriger Höhepunkt war der brutale Überfall der Hooligans auf die Ultragruppe „Racaille Verte“ in den Räumlichkeiten des Ostkurvensaals 2007. Reichlich spät kam ein Bruchteil der Täter 2011 mit ein paar läppischen Geldstrafen davon; die Auseinandersetzung wurde auf einen unpolitischen, faninternen Konflikt heruntergebrochen.

Durch das andauernde antifaschistische Engagement von Werderfans entstand jenes Klima, was heute von so vielen Seiten Anerkennung bekommt. In anderen Stadien und Städten wie Braunschweig, Düsseldorf oder Aachen hingegen konnten sich diejenigen, die sich gegen rechtes Gebaren stellen und stellten, schwer oder gar nicht durchsetzen, mussten ihre Stadionbesuche einstellen, wurden von ihrem eigenen Verein verbannt oder sehen sich stetig körperlichen und verbalen Angriffen ausgesetzt. In vielen anderen Städten gibt es noch viel weniger Möglichkeiten sich gegen einen rassistischen, antisemitischen und auch homophoben, sowie sexistischen Normalzustand zu positionieren. Meistens werden diejenigen, die sich gegen Diskriminierung stellen zu Störenfrieden erklärt, gerne wird behauptet Fußball sei unpolitisch, oft sind die Vereine und Fanprojekte völlig unfähig die Probleme wahrzunehmen und Unterstützungsarbeit zu leisten.

Beim Derby gegen den HSV am 19.04.15 wurden einige Ultras, die das Spiel außerhalb des Stadions verfolgt haben und ihre Gruppen am Stadion abholen wollten, an der Kneipe „Verdener Eck“ von Bremer Nazi-Hooligans angegriffen. Nachdem die Gruppe Ultras zu den Treppen am Stadion flüchtete, wurden die Opfer des ersten Angriffs von der Polizei eingekesselt. Die anschließend aus dem Stadion kommenden Ultras solidarisierten sich mit den Eingekesselten und warteten friedlich auf dem Osterdeich. Vermutlich um die Straße zu räumen, wurden die Ultras dann völlig überraschend von der Polizei mit massiver Gewalt in die Verdener Straße getrieben, wodurch es zu einer zweiten Auseinandersetzung zwischen den Ultras und Nazis kam.

In Folge gab es zahlreiche Hausdurchsuchungen und ein 21-jähriger antifaschistischer Werderfan wurde in U-Haft genommen. Gerne wird es seither in den Medien so hingestellt, als habe sich die Polizei an diesem Tag richtig verhalten und erneut wurde gerade von Politik und Polizei behauptet, es handle sich nur um einen faninternen Fußballkonflikt. Die Ermittlungen stützen sich dabei hauptsächlich auf einen kurzen per Video festgehaltenen Ausschnitt, ohne dem Kontext an diesem Tag, geschweige denn dem Gesamtkontext der letzten 10 Jahre, auch nur die geringste Bedeutung beizumessen. Zudem wurde kein einziges Ermittlungsverfahren gegen einen Nazi-Hooligan eingeleitet und das, obwohl szenekundige Beamte (SKB) den ersten Angriff aus nächster Nähe beobachtet hatten. Da es sich bei den Angreifern um überregional bekannte und vorbestrafte Neonazis handelt, sollte es einem SKB nicht schwer fallen diese zu identifizieren.

Das Ignorieren von Tatsachen, sowie die Kriminalisierung von Antifaschist*innen, die wir, insbesondere durch Hausdurchsuchungen, Ermittlungsverfahren und U-Haft erleben, können und wollen wir nicht schweigend hinnehmen.

Wir sind der Meinung, dass der Fußballkontext ein Abbild gesellschaftlicher Verhältnisse ist und dass es keinen unpolitischen Fußball geben kann. Erst recht nicht, wenn Nazis und Rassist*innen dort ihre Meinung verbreiten und wenn diese innerhalb und außerhalb gegen Flüchtlinge und Linke hetzen, Nazikonzerte veranstalten und auf rechten Demos marschieren. Wir verurteilen die Entpolitisierung des Konfliktes seitens der Politik und einiger Medien, sowie der Polizei und Justiz und stellen uns weiterhin konsequent gegen Nazis und diejenigen, die sie tolerieren oder nicht sehen wollen. Wir laden euch deshalb dazu ein, uns dabei zu unterstützen und am Samstag gegen Nazis und Repression auf die Straße zu gehen.

Im Weserstadion und sonst wo, kein Platz für Nazis!

Infamous Youth, Cercle D’Amis, Caillera, L’Intesa Verde, UltrA-Team Bremen